Mogelpackungen – wie leer darf eine Verpackung sein?

Bluff packages – breach of § 2 of unfair competition law (prohibition to mislead consumers)

The supreme court ruled, that a bluff package with only 50-60% content may mislead the consumer and breaches § 2 of unfair competition law (the prohibition to mislead consumers).

4 Ob 150/18i vom 29.01.2019

Der Oberste Gerichtshof hatte zu 4 Ob 150/18i die Irreführungseignung einer Kuchenkartonverpackung nach § 2 UWG zu beurteilen, deren Inhalt nur zu 50-60% ausgefüllt war.

Ist eine viel zu große Verpackung erlaubt, weil sie beispielsweise für die Qualität von Kuchenstücken nötig ist (durch eine spezielle – allerdings zeitlich abnehmende – Luftbefüllung)? Oder sollen die Käufer durch die zu große Verpackung im Karton getäuscht werden, weil sie mit mehr Inhalt rechnen, als sie schlussendlich bekommen? Um diese Fragen drehte sich ein Prozess, der gegen einen Vertreiber von Schokoladeprodukten anhängig war. Das Erstgericht wies die Klage ab und meinte, die großzügige Verpackung könne mit Qualitätserfordernissen begründet werden, außerdem bestehe keine Täuschungsgefahr, weil auf dem Außenkarton die Zahl der enthaltenen Kuchenstücke und deren Gewicht stand.

Das Oberlandesgericht teilte diese Meinung nicht: Der Konsument erwarte nämlich bei einer nicht einsehbaren Verpackung, dass der Inhalt zumindest annähernd so groß ist wie die Verpackung. Die Luftbefüllung der einzelnen Kuchenverpackungen, die ohnedies 7 - 14 Tage danach entweiche, sei nicht nötig, um die Form der Kuchen zu erhalten. Außerdem könne man Täuschung der Konsumenten auch dadurch verhindern, dass ein Sichtfenster in die Verpackung eingebaut wird, um so den Konsumenten zu ermöglichen, die wahre Größe der Kuchen zu sehen.

Der Oberste Gerichtshof teilte diese Rechtsansicht:

„Eine Irreführung kann insbesondere durch die Überdimensionierung der Verpackung erzielt werden. Maßgebend ist, ob ein angemessen gut unterrichteter und kritischer Durchschnittsverbraucher, der eine der Bedeutung der Ware angemessene Aufmerksamkeit an den Tag legt, einen Eindruck vom Packungsinhalt gewinnt, der nicht den Tatsachen entspricht und geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. (…) Ein verständiger Verbraucher wird bei einer rechteckigen Verpackung für Kuchen annehmen, deren Volumen sei insoweit befüllt, als sich dies aufgrund der Form der Ware sinnvoll bewerkstelligen lässt. Im vorliegenden Fall ist dem Berufungsgericht - der zuvor zitierten Literatur folgend - darin zuzustimmen, dass eine Täuschung über das Volumen von 40 bis 50 % bei Kuchen grundsätzlich eine relevante Irreführung bewirken kann."

In einem Warenkarton dürfen daher nicht 40 - 50 Prozent Freiraum bleiben – sofern dieser Freiraum nicht aus Gründen der Qualität notwendig ist. Das gilt selbst dann, wenn Gewicht und Stückzahl der beinhalteten Waren auf dem Außenkarton korrekt angegeben sind, da diese Angabe die Irreführung der Konsumenten nicht verhindern kann.

Der Oberste Gerichtshof setzte sich auch mit der vergleichbaren Entscheidung 4 Ob 220/02k auseinander. In dieser war die Verpackung von „WC-Tabs“ gegenständlich, die mit zehn Stück befüllt hätte werden können, tatsächlich aber nur mit sechs Stück befüllt war. In diesem Fall haben die Gerichte die Ansicht vertreten, dass „eine annähernd komplette Befüllung“ solcher Packungen von den Konsumenten gar nicht erwartet werde.