„Unberechtigte Mitnahme“ von Konstruktionszeichnungen durch ehemalige Mitarbeiter – die Tücken des Geschäftsgeheimnisses
"Unauthorized taking" of design drawings by former employees - the malices of trade secrets
The present decision dealt with the question of whether design drawings are legally classified as trade secrets if the advantage of keeping the drawings secret saves "only" of 25 hours of time of labour.
OGH 26.1.2021, 4 Ob 188/20f
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagten sind im Gleisbau tätig. Die Beklagten waren bei der Klägerin in führenden Positionen beschäftigt, bevor sie sich selbständig machten und eine eigene Gesellschaft gründeten. Vor der Beendigung ihrer Beschäftigung besorgten sie sich aus dem Intranet der Klägerin Konstruktionszeichnungen für gewisse Bauteile einer Gleisbaumaschine. Die Patente zu diesen Bauteilen waren bereits abgelaufen, Teile der Zeichnungen wären auch allgemein zugänglich gewesen. Die Zeichnungen verwendeten sie als Vorlage für die Weiterentwicklung der Antriebseinheit. Durch die Konstruktionszeichnungen ersparten sich die Beklagten etwa 25 Stunden Arbeitszeit für die Erstellung eigener Pläne.
In einer aktuellen Entscheidung behandelte der Oberste Gerichtshof die Frage, ob Konstruktionszeichnungen rechtlich als Geschäftsgeheimnisse einzustufen sind, wenn der Vorteil der Geheimhaltung der Zeichnungen „nur“ in einer Zeit- und Arbeitsersparnis von 25 Stunden besteht.
Die Klägerin begehrte unter anderem die Unterlassung der Verwertung ihrer Geschäftsgeheimnisse. Zu beurteilen war nun, ob es sich bei den Konstruktionszeichnungen um Geschäftsgeheimnisse handelte oder nicht.
Ein Geschäftsgeheimnis ist eine Information,
- die geheim ist, weil sie den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Information zu tun haben, weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich ist
- und die, – weil sie geheim ist - von kommerziellem Wert ist,
- und die entsprechend angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen unterliegt.
Eine Information weist aufgrund der Geheimhaltung einen kommerziellen Wert auf, wenn sie über einen tatsächlichen oder künftigen Handelswert verfügt oder wenn ihr Bekanntwerden für den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt. Ein Handelswert der geheimen Information ist dann anzunehmen, wenn der unbefugte Erwerb der Information oder ihre unbefugte Nutzung oder Offenlegung die „Interessen der Person, die rechtmäßig die Kontrolle über sie ausübt, aller Voraussicht nach dadurch schädigt, dass das wissenschaftliche oder technische Potenzial, die geschäftlichen oder finanziellen Interessen, die strategische Position oder die Wettbewerbsfähigkeit dieser Person untergraben werden“.
Es ist demnach danach zu fragen, ob die Kenntniserlangung bzw. Verwertung durch Dritte (insbesondere Mitbewerber) in relevanter Weise kommerzielle Interessen des Inhabers beeinträchtigen würde. Es muss also ein wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse bestehen.
Im vorliegenden Sachverhalt verneinte der OGH das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses. Nach Ansicht des OGH wiesen die Konstruktions-zeichnungen nicht den geforderten kommerziellen Wert auf. Die Wettbewerbsposition der Klägerin werde nicht durch die teilweise Verwendung der Zeichnungen als Vorlage für Konstruktionen der Beklagten bedroht, sondern vielmehr durch die Weiterentwicklung der Antriebseinheit. Der kommerzielle Wert der von den Beklagten als Vorlage verwendeten Konstruktionszeichnungen wurde daher vom OGH verneint. Die ersparte Arbeitszeit alleine reichte als kommerzieller Wert nicht aus.
Man sieht, es ist nicht alles ein Geschäftsgeheimnis, was man als Unternehmer gerne als solches geschützt haben möchte. Als sinnvolle Ergänzung des rechtlichen Schutzes von Geschäftsgeheimnissen sind daher jedenfalls vertragliche Unterlassungsverpflichtungen (die Mitnahme von unternehmensinternen Daten betreffend) ratsam -– und zwar auch gegenüber Dienstnehmern.