Intensivierte Altkunden liegen vor, wenn der Umsatz aus Geschäftsverbindungen durch die Tätigkeit des Handelsvertreters wesentlich gesteigert wurde.
Wann eine solche wesentliche Umsatzsteigerung vorliegt, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalles. Eine Umsatzverdoppelung wurde vom OGH bereits als wesentlich angesehen. Zur Beurteilung, ob ein Kunde „intensiviert“ wurde, muss jede konkrete Kundenbeziehung einzeln betrachtet werden.
Es kommt daher nicht darauf an, ob in Summe sämtlicher Kunden eine Umsatzsteigerung stattgefunden hat. Es dürfen nur die Provisionen jener Kunden des letzten Jahres berücksichtigt werden, die eine entsprechende - oben dargestellte - Umsatzsteigerung während der Handelsvertreterbeziehung aufweisen. Preissteigerungen des Produktes dürfen dabei nicht berücksichtigt werden.
Als neu gilt ein Kunde, mit dem der Unternehmer zu Beginn des Handelsvertreterverhältnisses noch nicht in Geschäftsverbindung stand, der vom Handelsvertreter zugeführt wurde und der zum Stammkunden wurde.
Neu sind auch solche Kunden, die schon einmal in einer Geschäftsverbindung zum Unternehmer standen, die aber zum Erliegen gekommen ist. Dafür ist es erforderlich, dass die frühere Geschäftsverbindung völlig abgebrochen war und erst durch die Initiative des Handelsvertreters oder zumindest durch sein Mitwirken wieder aufgenommen wurde.
Damit die Provisionen aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden ausgleichspflichtig sind, muss diese Geschäftsverbindung über einen einzelnen Geschäftsabschluss hinausgehen. Diese neu zugeführten Kunden müssen daher zu Stammkunden geworden sein. Das Verhältnis des Unternehmers zu einem neu zugeführten Kunden muss von einer gewissen Dauer sein, in der es laufend zu Nachbestellungen kommt. Die Stammkundeneigenschaft muss jedenfalls auch am Ende des Handelsvertreterverhältnisses noch gegeben sein.
Provisionen für neu zugeführte Einmalkunden sind daher nicht zu berücksichtigen.
Der Umsatz, den der Unternehmer im Prognosezeitraum mit den ausgleichspflichtigen Kunden voraussichtlich erzielen wird, kann sich ändern (weil beispielsweise Kunden zu einem anderen Hersteller abwandern oder weil sie ihr eigenes Geschäft aufgeben, etc.). Dies wird durch die Abwanderungsquote berücksichtigt. Um die konkrete Abwanderungsprognose zu prognostizieren, muss die künftige Umsatzenwicklung anhand der Erfahrungswerte aus der Vergangenheit der jeweiligen Geschäftsbeziehungen (Umsatzzahlen, Umsatztrends und Ähnliches) beurteilt werden.
Es muss daher zum Zeitpunkt des Endes des Handelsvertreterverhältnisses jede einzelne Kundenbeziehung darauf untersucht werden, wie sich der jeweilige Umsatz während des Prognosezeitraums voraussichtlich entwickeln wird (ob sich beispielsweise aus der Umsatzentwicklung der Geschäfte mit den neu zugeführten Stammkunden und intensivierten Altkunden in der Vergangenheit ein Umsatzrückgang feststellen lässt).
Die Zahlung eines Ausgleichs muss unter Berücksichtigung aller Umstände auch der Billigkeit entsprechen. Liegen entsprechende Umstände vor, kann der Ausgleichsanspruch aus Gründen der Billigkeit auch gemindert werden. Ob Billigkeitsgründe vorliegen, ist immer eine Frage der konkreten Umstände. Billigkeitsgründe können beispielsweise sein:
Ein weiterer Grund, der zur Reduzierung des Ausgleichsanspruchs führen kann, ist die so genannte Sogwirkung der Marke. Ist die vom Handelsvertreter vertretene Marke besonders bekannt, muss dieser in der Regel geringere Anstrengungen unternehmen, um das Produkt zu verkaufen. Man geht davon aus, dass aufgrund der ohnehin bestehenden Nachfrage nach dem Markenprodukt der Kunde ohnehin praktisch gezwungen ist, das Produkt im Sortiment zu führen. Diesen Umstand bezeichnet man als "Sogwirkung der Marke." Diese Sogwirkung ist üblicherweise auf die intensiven Werbemaßnahmen des Herstellers zurückzuführen und nicht auf die Anstrengungen des Handelsvertreters. Die Anstrengungen des Handelsvertreters einer bekannten Marke sind in der Regel im Vergleich zum Handelsvertreter eines unbekannten Produktes geringer. Dementsprechend ist in solchen Fällen nach der Judikatur eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs auch gerechtfertigt.
Dem herangezogenen Prognosezeitraum kommt größte Bedeutung zu. Es handelt sich um die zeitliche Prognose, wie lange sich die vom Handelsvertreter geknüpften Geschäftsverbindungen weiterentwickelt hätten, wenn der Vertretervertrag fortbestanden hätte. Der Ausgleichsanspruch ist dementsprechend umso höher, je länger der Zeitraum gewählt wird, in dem die Provisionsverluste des Handelsvertreters ersetzt werden sollen. Der Prognosezeitraum hängt in seiner Dauer von den Umständen des Einzelfalles ab und kann nicht für alle Arten von Handelsvertretern und für alle Branchen einheitlich festgelegt werden.
Es muss sich bei diesem Zeitraum um einen überschaubaren, in seiner Entwicklung einschätzbaren Zeitraum handeln. In der Judikatur wird häufig von einem Prognosezeitraum von 2-3 Jahren ausgegangen, teilweise auch von 4 Jahren.