Unlimited book inspection right of a creditor even after liquidation and deletion of the company

Unbeschränktes Bucheinsichtsrecht eines Gläubigers auch nach Liquidation und Löschung der Gesellschaft

Gläubiger gelöschter Gesellschaften haben zur Prüfung, ob trotz Liquidation und Löschung noch Vermögen vorhanden ist, mit dem ihre Ansprüche befriedigt werden können, ein Recht auf Einsicht in sämtliche Unterlagen der Gesellschaft.

OGH, 6 Ob 141/19g

Wird eine GmbH gelöscht, sind gemäß § 93 Abs. (3) GmbHG die Bücher und Schriften der gelöschten Gesellschaft einem Gesellschafter oder einem Dritten zur Aufbewahrung zu übergeben. Diese Aufbewahrungspflicht besteht gemäß § 93 Abs. (3) GmbHG für sieben Jahre nach dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Liquidation beendet wurde.

Aufzubewahren sind für die gesamte Frist alle zum Zeitpunkt der Beendigung der Liquidation vorhandenen Unterlagen. Es besteht also aufgrund der Liquidation eine längere Aufbewahrungsfrist für Geschäftsunterlagen als bei werbenden Gesellschaften.

Weitläufig bekannt ist, dass Gesellschafter gemäß § 93 Abs. (4) GmbHG auch nach Liquidation und Löschung der Gesellschaft Einsicht in diese Bücher und Schriften nehmen können. Weniger bekannt ist dagegen, dass auch Gläubiger der Gesellschaft vom zuständigen Außerstreitgericht zur Einsicht ermächtigt werden können, wenn er ein rechtliches Interesse an der Einsicht bescheinigen kann.

Erstmalig hat der OGH nunmehr auch dazu Stellung genommen, in welche Unterlagen von den Gläubigern Einsicht genommen werden kann: Diese sind nicht nur berechtigt, Einsicht in die Unterlagen der letzten sieben Jahre zu nehmen, sondern auch in ältere Unterlagen, sofern diese noch vorhanden sind. Begründet hat der OGH diesen umfangreichen Anspruch damit, dass der Zweck des Einsichtsrechts die Informationsgewinnung über unter Umständen noch vorhandenes Vermögen der Gesellschaft ist. Diese Informationen müssen sich nicht zwangsläufig aus jüngeren Unterlagen ergeben. So können etwa Verjährungsfristen gehemmt sein, zB bei Ansprüchen der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer, was nach Ansicht des OGH gegen eine Beschränkung des Einsichtsrechtes spricht.

Es können sohin zwei Empfehlungen ausgesprochen werden:

  1. Gesellschaften in Liquidation kann nur empfohlen werden, dass Unterlagen nah Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht vernichtet werden – schließlich kann nur Einsicht genommen werden, wenn die Unterlagen noch vorhanden sind.
  1. Gläubigern einer liquidierten Gesellschaft ist dagegen zu empfehlen, Einsicht in die Unterlagen dieser Gesellschaft zu beantragen, weil trotz Liquidation und Löschung Vermögen zur Befriedigung der Ansprüche vorhanden sein kann.